Linz (Österreich), Mittwoch- Montag 15.- 20. März 2006

2. Senioren Hallenweltmeisterschaft

Nicht nur die Linzer Sonne schien, anders als zur gleichen Zeit in Niederschlesien, eine Woche lang intensiver auf das Hallendach der zwei Jahre jungen Intersport Arena. Der helle Schein der positiven Eindrücke von den Hallenweltmeisterschaften der Senioren, angefangen bei der bunten Athletenschar aus aller Herren Länder, über die mit sechs Rundbahnen ausgestattete Hallenarena und die hervorragende Organisation der über 200 Kampfrichter und Helfer, schien in die Herzen der über 3300 Teilnehmer aus über 60 Nationen. Auch die vier Leichtathleten der TSG Kraftwerk Boxberg/ Weißwasser hatten am Ende allen Grund zu strahlen.
Am ersten Wettkampftag standen die Vorläufe über 200 m auf dem Plan. Simone Noack (W35) und Detlef Kasper (M45) gewannen ihre Vorläufe und qualifizierten sich für das Halbfinale und die 4 x 200-m Staffeln. Während letzterer sich für die kommenden Entscheidungen schonte und das Halbfinale ausließ, erlief sich die Multistreckenläuferin in bekannter Manie eine Silbermedaille im Finale mit ihrer zweitbesten je gelaufenen Zeit (25,81 s). Dabei verwies sie eine ungarische Nationalmannschaftsangehörige, die den Weitsprung mit 6,19 Metern gewann, auf den dritten Rang. Nur wenige Stunden vorher ließ sie es im 800-Meter-Vorlauf schon richtig krachen, um sich am Tag darauf gegen die Spezialisten auf dieser Strecke eine Bronzemedaille mit Einstellung ihres eigenen sächsischen Landesrekordes zu erspurten (2:16,62 min). Auch Sigrid Böse (W45) und ihre Schwester Christina Friedrich (W50) griffen am ersten Tag mit dem Weitsprung ins Geschehen ein. Die W45-Titelverteidigerin konnte sich über ihren fünften Platz nicht wirklich ärgern, denn vom Sieg (5,41 m) und dem vierten Platz (5,19 m) war sie 47 und 25 Zentimeter entfernt. Christina Friedrich erreichte gar nur einen siebenten Platz, aber ihr Weitsprungergebnis (4,38 m) aus den Fünfkampf hätte sie glücklicher gestimmt. Es hätte Bronze bedeutet. Im Fünfkampf selbst war der fünfte Platz das Machbare, obwohl sie im 60-Meter-Hürdenlauf Bestzeit lief. Die Einzelergebnisse 60m Hürden (10,97 s), Hochsprung (1,18 m), Kugelstoßen (7,16 m), Weitsprung (4,38 m) und der abschließende 800-Meter-Lauf (3:07,89 min) rechneten sich zu 3162 Punkten zusammen.
Für Sigrid Böse endete der Mehrkampf erst einmal mit einem traurigen Resultat. Um ganze zwei Punkte oder 18 Hundertstel Sekunden über 800 Meter verfehlte sie die Bronzemedaille. Ihre Leistungen waren durchaus ansprechend, denn im Hürdensprint verbesserte sie ihren Landesrekord. Die Disziplinen 60-Meter-Hürden (9,51 s), Hochsprung (1,45 m), Kugelstoßen (8,21 m), Weitsprung (4,90 m) und 800 m (2:47,93 min) ergaben bei späterer Korrektur 3866 Punkte. Die frohe Kunde erreichte sie per Telefon auf einem Rastplatz auf dem Rückweg aus Linz. Der Computer schien einfach nur einen schlechten Tag erwischt zu haben, denn am Ende waren es fünf Punkte Vorsprung vor der britischen Favoritin. Schade nur, dass Sigrid Böse den Gang aufs Siegerpodest verpasste.
An der 60-Meter- Victory-Ceremonie mit Abspielen der deutschen Hymne konnte auch Detlef Kasper (M45) nicht teilnehmen. Er stellte im Vorlauf seinen Landesrekord ein (7,39 s) und sicherte sich mit dem zweiten Platz im Halbfinale (7,44 s) den Direkteinzug in den Endlauf, allerdings schon mit großen Schmerzen in den Fersen. Um den dritten Lauf an diesem Tag überhaupt absolvieren zu können, musste er starke Schmerzmittel, die nicht auf der Dopingliste stehen, einnehmen.
Was Uneingeweihte nicht ahnen, auch vor jedem 60-Meter-Sprint steht eine einstündige intensive Erwärmung an. So kam wieder, was kommen musste. Die ersten beiden Sprintmeter entschieden sich wieder gegen den fast 46-jährigen Weißkeißeler. Dass er noch bis kurz vor dem Ziel beschleunigen konnte und die höchste Endgeschwindigkeit hatte, nutzte nichts. Auf Gold fehlten sechs, auf Silber drei und auf Bronze gar nur eine Hundertstel Sekunde. Der fabelhafte neue Landesrekord (7,34 s) konnte ihn vorerst nicht trösten. Denn vor zwei Jahren ging der WM Titel mit exakt dieser Zeit weg, bis vor einem Jahr bedeutete sie noch deutschen Rekord. Alles vor der Zeitrechnung- dem Eintritt des Jahrganges 1960 in diese Altersklasse. Schon eher trösten konnte ihn die 400 Meter Goldmedaille von Simone Noack, für deren Trainingsplanung Detlef Kasper zuständig ist. Mit ihrer grandiosen Siegerzeit (56,67 s) blieb sie nur fünf Hundertstel über ihrem Landesrekord aus dieser Hallensaison und erntete viel Beifall von den Rängen auf beiden Laufgeraden. Denn von einer Halle, bei der sogar die Kurvenüberhöhung der sechs Rundbahnen an die jeweilige Geschwindigkeit der Wettbewerbe hydraulisch angepasst werden kann, träumen die Leichtathleten in Weißwasser natürlich vergeblich. Stattdessen möchten sich die Leichtathleten bei den Betreibern der Eishalle bedanken. So konnte man in den vielen Schneemonaten wenigstens den mit Gummi ausgelegten Spielergang zum Sprinttraining nutzen.
Am letzten Tag sollte es noch zweimal Gold für die TSG Kraftwerk Boxberg/ Weißwasser geben. Zuerst musste Detlef Kasper mit der deutschen 4 x 200-Meter-Staffel durch die engen Kurven. Mangels Kurvenlaufübung und wegen der enormen Fliehkräfte wurde das 92 Kilogramm Kraftpaket stets in die zweite Bahn gedrängt. Völlig ausgepowert erreichte er als Schlussläufer und neuer Weltmeister mit neuem Europarekord vor den Briten und Franzosen das Ziel. Auch die internationale Medaillen «verwöhnte» Simone Noack überquerte als Endläuferin der deutschen Nationalstaffel die Ziellinie als Weltmeisterin. Ein kompletter Medaillensatz in den Einzeldisziplinen und einmal Staffelgold für sie, der erste «männliche» Weltmeistertitel für die TSG durch Detlef Kasper, die Fünfkampfbronzemedaille von Sigrid Böse und die guten Platzierungen von Christina Friedrich haben auch Weißwasser und die TSG Kraftwerk Boxberg/ Weißwasser bekannt gemacht.
Auf diesem Weg möchten sich die Leichtathleten in erster Linie bei ihren Familien bedanken, denn Leistungssport ist auch mit Entbehrungen verbunden. Dass andere Nationen neben den Startgebühren noch 250 Euro Verpflegungsgeld sowie 1000 Euro für eine Goldmedaille bekommen, glichen die vielen Spender und Gönner der Leichtathletik sowie der Verein mit einem Zuschuss aus. Vielen Dank an alle. So blieben die Ausgaben in einem erträglichen Rahmen. Gelohnt hat sich die Teilnahme für die TSG-Sportler auf ganz andere Weise.

Text: Detlef Kasper



Noack Simone – W35
Disziplin Ergebnis Platz


200 m 25,81 s 2.


400 m 56,67 s 1.


800 m 02:16,62 min 3.


4 x 200 m 01:45,15 min 1.





Böse Sigrid – W45
Disziplin Ergebnis Platz
5-Kampf
60 mH 9,51 s -


Weitsprung 4,90 m -


Kugelstoßen 8,21 m -


Hochsprung 1,45 m -


800 m 02:47,93 min -



3872 Pkt 4.


Weitsprung 4,94 m 5.





Kasper Detlef – M45
Disziplin Ergebnis Platz


60 m 7,34 s 4.


200 m VL 24,90 s 1.


200 m HF - DNS


4 x 200 m 01:36,19 min 1.





Friedrich Christina – W50
Disziplin Ergebnis Platz
5-Kampf
60 mH 10,97 s -


Weitsprung 4,38 m -


Kugelstoßen 7,19 m -


Hochsprung 1,18 m -


800 m 03:07,89 -



3162 Pkt 7.


Weitsprung 4,19 m 7.